Florian

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Es war einen Tag nach dem errechneten Geburtstermin, als ich gegen zwei Uhr morgens durch ein Ziehen im Unterbauch geweckt wurde. Wie schon in den 14 Tagen davor freute ich mich darüber, da ja „jede Welle mein Baby näher zu mir bringt“. Ich spürte gespannt in mich hinein, ob es wohl diesmal eine Regelmäßigkeit gab. Die Wellen kamen immer wieder und ich begann sie zu stoppen: der Abstand betrug ziemlich genau zehn Minuten. Bald musste ich sehr dringend auf die Toilette. Dieselbe Situation kannte ich bereits aus der Vorwoche. Damals legte ich mich wieder hin und wachte morgens auf, ohne dass sich etwas getan hätte. Diesmal war es anders. Im Zehn-Minuten-Takt ging es weiter. Nach zwei Stunden befand ich, dass es an der Zeit war ein Entspannungsbad zu nehmen. Ich hörte dabei die Affirmationen und hatte das Gefühl, dass die Wellen aufgehört hatten. Kaum lag ich jedoch wieder im Bett, ging es erneut los. Alle zwei bis fünf Minuten zeigte meine Stoppuhr diesmal an.

Um sechs Uhr früh war ich mir immer sicherer, dass es diesmal wirklich soweit sein könnte. Ich rief meine Hebamme Marianne an und sagte, dass es wohl tatsächlich ein „Sonntagskind“ werden würde. Sie war erfreut über die Zeichen, die ich zu berichten hatte und meinte, ich könne noch zu Hause bleiben oder ins Krankenhaus fahren um mich dort untersuchen zu lassen und sie dann informieren. Je nach Befund käme sie dann auch in die Klinik oder wir würden wieder nach Hause gehen.

Ich legte mich zurück ins Bett und hörte die Regenbogenentspannung. Ich war sehr glücklich und entspannt. Die letzten zwei Wochen davor habe ich sehr hart auf den Tag der Geburt gewartet. Gegen sieben Uhr Früh spürte ich den Impuls die Klinik-Tasche fertig zu packen. Ich weckte meinen Mann und er suchte verschlafen die letzten nötigen Siebensachen zusammen. (Beim nächsten Kind werde ich die Tasche vorher fix fertig gepackt haben, auch wenn ich zwei Zahnbürsten, Jogginghosen etc. besorgen muss. In dieser Situation Dinge zu suchen ist nicht optimal.) Um 7:45 Uhr wurden die Wellen etwas intensiver und ich wusste, dass es nun sicher soweit war und unser Sohn endlich zur Welt kommen wollte.

Gegen acht Uhr waren wir im Klinikum und es wurde ein CTG geschrieben, welches jedoch nicht alle meine Wellen anzeigte. Ich musste dabei auf einer harten Untersuchungsliege liegen, was extrem unbequem war. Ich bekam ein Gefühl wie einen Muskelkrampf im Rücken. Ich wurde nervös, weil ich merkte, dass meine Entspannung langsam schwand. Ich wünschte mir sehnlichst Ruhe und ein weiches Bett, wo ich ungestört die Regenbogenentspannung hören konnte.

Eine Hebamme untersuchte mich und der Muttermund war erst einen Zentimeter geöffnet. Sie meinte, dass es wahrscheinlich erst abends so richtig losgehen würde und ich entweder wieder nach Hause kann, oder auf der Station bleiben könne. Ich war mit beiden Optionen höchst unzufrieden und wurde immer unruhiger. Ich hatte das Gefühl, als würde mir nicht geglaubt werden, dass ich jetzt wirklich das Kind bekäme! Und entspannen konnte ich mich auch nicht mehr richtig, schon gar nicht auf dieser CTG-Liege. Ich begann zu verzweifeln. Während wir auf die Ärztin warteten, die das nach Hause gehen (was ich als die weniger schlimme Variante ansah) absegnen sollte, versuchte ich doch es mir mit meinem Stillkissen auf der Liege halbwegs bequem zu machen. Da kam eine intensivere Welle und platsch, spürte ich die Fruchtblase platzen. Das war gegen neun Uhr. Abermals kam eine Hebamme, doch sie glaubte mir nicht und sagte, dass ich wahrscheinlich Urin verloren hätte und falls es doch die Fruchtwasser wäre, müsse ich stationär bleiben. Wir sollten doch spazieren gehen. Ich war fertig mit den Nerven und fühlte mich sehr unverstanden. Ich wollte auch nicht spazieren gehen. Wir versuchten es aus Mangel an Optionen trotzdem.

Draußen hatte es bereits gefühlte 40 Grad, der bis dahin heißeste Tag des Jahres kündigte sich an. Die Wellen kamen jetzt im Minutenabstand und waren sehr stark. Sie zogen in den Rücken, sodass ich kaum stehen konnte. Ich hatte große Sorge um unsere Hypnobirthing-Geburt, die Umstände ließen eine Entspannung einfach nicht zu und ich konnte nichts dagegen tun. Nach einigen Metern mussten wir umkehren. 

Es kam dann eine Ärztin und machte einen Fruchtwassertest, was sehr sehr unangenehm war, da ich auf den Untersuchungsstuhl klettern musste. Natürlich war der Test positiv. Also musste ich im Krankenhaus bleiben. Ich sollte warten bis mein Bett fertig gemacht ist und dann auf die Station kommen. Ich versuchte erneut klar zu machen, dass ich mich hinlegen müsse und zwar sofort. Diesmal wurde ich erhört und durfte ins Vorwellenzimmer. Anton meldete mich in der Zwischenzeit stationär an.

Im Bett neben mir lag eine Frau, sie plauderte mit ihrem Mann. Ich lag alleine da und versuchte mich verzweifelt mit Kopfhörern auf die Regenbogenentspannung zu konzentrieren. Es klappte nicht. Das Einzige was ich die ganze Zeit über im Kopf hatte, war das Bild von der sich öffnenden Blume. Die Wellen zogen in meinen Rücken und der Gedanke daran in diesem Zustand den ganzen Tag auf der Station (ohne Klimaanlage) zu liegen war mir ein Gräuel.

Kaum war mein Mann zurück, kam auch die Hebamme und informierte mich, dass mein Bett fertig wäre und es an der Zeit  wäre nach oben auf die Station zu gehen. Ich war fix und fertig und bat sie um etwas gegen die Schmerzen. Sie sah mich komisch an und meinte, dass sie mich nochmals untersuchen würde. Mittlerweile hatte ich mengenweise Fruchtwasser verloren. Während der Untersuchung lächelte sie: „Der Muttermund ist 3-5 cm offen! Wir gehen doch gleich in den Kreißsaal!“. Ich war sehr erleichtert.

Ab da, es war elf Uhr, wurde es wieder wundervoll. Mein Wunschkreißsaal war frei und ich stieg quasi direkt in die Badewanne. Es roch gut und es lief Entspannungsmusik. Sofort war das unangenehme Ziehen im Rücken vorbei. Anton begann mir die Entspannungsgeschichten vorzulesen und visualisierte mit mir die Buchstaben. Ich wurde ruhig und entspannt und atmete wie ich es geübt hatte. Es war sehr schön. Meine Hebamme war wenig später auch da. Wir hatten vorab besprochen wie wir uns die Geburt wünschen und sie hat sich sehr gut daran gehalten. Ich weiß noch, dass sie mehrmals sagte: „Ich bin erstaunt!“. Sie saß die meiste Zeit am Badewannenrand, gab mir immer wieder kühles Wasser zu trinken und hat uns zugehört.

Ich kam mit den Wellen sehr gut zurecht und musste beim Gedanken, dass unser Baby bald in meinen Armen liegt, lächeln. Mein Mann erzählte mir nachher, dass ich aussah wie die Frauen aus den HB-Videos. Und als ob ich in einem Wellness-Tempel und nicht als Gebärende im Krankenhaus liegen würde.

Ich habe mir die Geburt schmerzfrei vorgestellt. Das war sie absolut nicht. Aber ich brauchte keine PDA, oder andere Medikamente. Bevor ich in die Badewanne stieg habe ich etwas Homöopathisches bekommen, das war alles. Ich hatte nicht mal einen Venflon (=venöser Zugang). Es ging so rasch voran, dass das Gefühl der Wellen okay war. Ich weiß noch, dass es bald mal: „8 cm offen“,  hieß und dass ich einen extrem starken Druck im Becken spürte. Die Hebamme beruhigte mich damit, dass „da noch viel Platz wäre.“

Anton war die ganze Zeit bei mir und wusste genau was er wann zu tun hatte. Er erinnerte mich bei jeder Welle daran den Unterkiefer locker zu lassen und die Augenpartie zu entspannen. Ich wusste, wenn er fertig geredet hat, ist die Welle gleich vorbei. Das hat mir enorm geholfen.

Immer wieder empfahl mir unsere Hebamme die Position zu wechseln. Interessanter Weise lehnte ich das immer ab! Ich sagte einfach: „Nein, das mache ich jetzt nicht!“. Ich hatte das Gefühl es nicht zu können, weil dann die Wellen unerträglich werden könnten. Erst wenn mein Mann mich ein bis zwei Wellen später dazu ermunterte, konnte ich dem Rat der Hebamme folgen. Einmal musste ich leider aus der Wanne steigen um das Wasser zu wechseln. Das war eine große Herausforderung, aber Anton hat mich fest gehalten, und das Wasser in den Geburtswannen rinnt zum Glück schnell.

Ab einem gewissen Zeitpunkt konnte ich die Wellenatmung nicht mehr anwenden, da das Bauch anheben zu unangenehm war. Der Erfolg meiner eigenen Atmung waren jedoch kribbelnde Hände.

Irgendwann dachte ich mir, wenn es noch lange so geht, dann brauche ich etwas gegen die Schmerzen. Ich äußerte diesen Gedanken und Marianne untersuchte mich. Sie meinte, dass ich offen sei, und es nicht mehr schlimmer werde würde. Ab jetzt würde ich entscheiden wann das Baby in unseren Armen liegt, denn mein Körper sei bereit. Das beruhigte mich sehr. Ich war beinahe vergnügt und wollte den Moment noch hinauszögern. Es ging mir immer besser. Das war wohl auch, weil die Abstände der Wellen immer größer wurden. Das beunruhigte meine beiden Geburtsbegleiter. Ich hingegen lag glücklich in der Wanne und träumte vom Mittagessen – auf einmal hatte ich total Hunger! Leider bekam ich gleich wellenanregende Globuli, die sofort Wirkung zeigten, sonst hätte ich ein Mittagessen vorgeschlagen.

Die ganze Zeit über hörten wir die Regenbogenentspannung. „Es ist jetzt Zeit loszulassen.“ – bekam eine ganz andere Bedeutung. Ich spürte Florians Kopf in meinem Becken mal vor und dann wieder zurück rutschen. Ich hörte Anton sagen, dass man das Köpfen schon sieht und, dass er schwarze Locken hat! „So ein Blödsinn.“, dachte ich mir. Ich wollte immer ein schwarzhaariges Baby, aber dass es Locken hat kam mir in diesem Moment absurd vor. Dann durfte ich den Kopf tasten. Vorsichtig versuchte ich etwas zu erspüren. Es war weich, wabbelig und hatte Haare. Es fühlte sich nicht an wie ein Köpfchen. Das hat mich entsetzt und ich stellte mir vor, dass ich gerade im Hirn meines Kindes herumgewühlt hätte. Vielleicht war das der Grund warum ich bei der Geburt die Augen geschlossen hielt.

Um 14:19 Uhr, ca. 3 Stunden nach Betreten des Kreißsaals, war es dann so weit. Florian und ich waren bereit. Ich schob kräftig an und einige Sekunden später, lehnte er schon auf mir und schaute mit große Augen seinen Papa an, der neben der Wanne saß. Ich sah von oben bloß seine vielen schwarzen Haare, weil die Nabelschnur nicht länger war. Ich war so stolz auf ihn, wie gut er die Geburt gemeistert hatte, küsste und streichelte ihn und redete mit ihm. Er weinte nicht, er schaute und es ging ihm gut. Auch ich weinte nicht. Es war so normal und so schön, ich war so froh und er war mir so vertraut, dass es kein „Schock“ war, ihn zu halten und zu begrüßen – zumindest erkläre ich es mir so, da ich sonst sehr nahe am Wasser gebaut bin.

Als die Nabelschnur auspulsiert war, schnitt mein Mann sie durch und nahm unseren kleinen größten Schatz zum Kuscheln zu sich, sodass ich aus der Wanne steigen konnte. Zurück im Kreißsaal kam die vollständige Plazenta zum Vorschein. Es wurde noch eine minimale Geburtswunde versorgt und dann konnten wir endlich unbeschwert in unser Familienleben starten.

Es war eine sehr schöne Geburt und HB hat mir extrem geholfen. Ich habe dadurch sehr viel Vertrauen bekommen und konnte somit eine „Ausnahme-Erstgebärende“ sein.

Ich wünsche allen Frauen, dass sie -den Mittelteil unserer Geschichte ausgenommen-auch eine so besondere und rasche Geburt erleben dürfen, das Vertrauen in ihre weibliche Kraft finden können und viele entspannte, harmonische Babys das Licht der Welt erblicken werden.

Sandra, Anton und Florian

Florian wog 3740g und war 52cm lang, KU 35cm

Dieser Bericht stammt von Florian's Eltern und darf nur auf dieser Website veröffentlich werden. Weitere Veröffentlichungen sind nicht zulässig!